Sind die Vorgaben der ESRS zu schwach?

Nach langem Warten und einer vierwöchigen Konsultationsphase hat die EU-Kommission am 31.07.2023 die delegierte Verordnung zu Set 1 der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) verabschiedet. Diese News verursachen bei uns gemischte Gefühle. Daher wollen wir dazu Stellung beziehen.

Endlich Klarheit, doch in abgeschwächter Form

Einerseits freuen wir uns, dass es mit Set 1 nun endlich Klarheit darüber gibt, welche Inhalte wie im Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD berücksichtigt werden müssen.

Doch obwohl die Kommission nach der Konsultation an der ein oder anderen Stelle noch etwas nachgeschärft hat, gibt es Themen, Bei denen wir uns strengere Vorgaben gewünscht hätten. ESRS E1 (Klimawandel) und S1 (eigene Arbeitskräfte) unterliegen nun definitiv dem Wesentlichkeitsprinzip – anders als in den anfänglichen Entwürfen, in denen sie verpflichtend zu berichten gewesen wären. Auch wenn im endgültigen Beschluss nun gegebenenfalls ausführlich begründet werden muss, warum E1 nicht als wesentlich betrachtet wird, lässt das Vorgehen für alle weiteren themenbezogenen Standards zu wünschen übrig:

„Kommt das Unternehmen zu dem Schluss, dass ein anderes Thema als der Klimawandel nicht wesentlich ist (…), kann es kurz die Schlussfolgerungen seiner Bewertung der Wesentlichkeit für dieses Thema erläutern.“ (Anhang I der delegierten Verordnung zur Ergänzung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, Abs. 32)

Diese Formulierung lässt auf eine gewisse Freiwilligkeit schließen, was die Begründung der Nicht-Wesentlichkeit aller weiteren Themen betrifft. Wir sind davon überzeugt, dass sowohl dem Klimawandel als auch den eigenen Arbeitskräften in jedem CSRD-berichtspflichten Unternehmen eine wesentliche Bedeutung zukommt.

Wir sind gespannt auf die Begründungen für den Fall, dass ein Unternehmen zu E1 nicht berichten wird und hoffen, dass in zukünftigen Revisionen der ESRS weiteren Themen wie die eigenen Arbeitskräfte oder auch Biodiversität ein höheres Gewicht beigemessen wird.

Vorerst hat es die EU unserer Meinung nach verpasst, wirksame Anforderungen für die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft zu stellen.

Was wir empfehlen

Wer Vorreiter für Nachhaltigkeit werden möchte, sollte möglichst umfassend, transparent und ehrlich über seine Nachhaltigkeitsperformance berichten und die Erkenntnisse als Chance nutzen, um Innovationen voranzutreiben und das eigene Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen.

Wie es für uns weitergeht

Derzeit analysieren wir im Detail die Änderungen der finalen Fassung der ESRS, sodass wir die daraus entstehenden Anforderungen für unsere Beratungskunden und in unseren Akademieformaten konkret benennen können. Einen ausführlichen Deepdive zu den Standards werden Sie demnächst hier im Blog finden.