Von der DWA zum Datenpunkt

Von der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse zur Datenerhebung: Wie Unternehmen zu den zu berichtenden Informationen für die CSRD-Berichterstattung gelangen

Hinweis: Zum Verständnis dieses Blogartikels ist eine grundlegende Kenntnis der Anforderungen der CSRD und der Durchführung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse hilfreich. Weitere Informationen zur CSRD haben wir in unserem Beratungsportfolio und in diesem Blogbeitrag beschrieben, ebenso zur doppelten Wesentlichkeitsanalyse.

Dieser Artikel bezieht sich auf die aktuell gültige Version der CSRD. Mögliche Änderungen im Rahmen der Omnibus-Verordnung werden zurzeit diskutiert. Die Schwellenwerte der Unternehmen, die unter die Berichtspflicht fallen, können sich im Laufe des Jahres 2025 noch ändern.

Die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse im Rahmen der CSRD ist durchgeführt, und was nun?

Unternehmen verspüren während oder nach der Durchführung der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse (DWA) den Druck, möglichst schnell mit der Datenerhebung zu starten. Schließlich gibt es zahlreiche Berichtsanforderungen zu erfüllen, und um den Berichtsprozess effizient zu gestalten, erscheint es sinnvoll, keine Zeit zu verlieren. Grundsätzlich ist dieser Ansatz richtig – jedoch birgt er eine entscheidende Gefahr: Unternehmen könnten dabei einen essenziellen Zwischenschritt übersehen.

Die Erfüllung der Berichtsanforderungen ist nicht einfach eine mechanische Datenerhebung, sondern erfordert eine gezielte Auswahl der wirklich wesentlichen Informationen. Die CSRD verfolgt das Ziel, Transparenz und Klarheit über die Nachhaltigkeitsauswirkungen eines Unternehmens zu schaffen. Dies gelingt nur, wenn die offengelegten Informationen tatsächlich relevant sind und einen Mehrwert für die Nutzer der Nachhaltigkeitserklärung bieten. Die DWA dient dabei als erste Stufe: Sie hilft, die wesentlichen Themen eines Unternehmens zu identifizieren. Doch damit ist die Arbeit nicht getan – im nächsten Schritt müssen die zu berichtenden Informationen zu diesen Themen bestimmt werden. Erst wenn klar ist, welche konkreten Angaben erforderlich und sinnvoll sind, kann eine zielgerichtete Datensammlung erfolgen.

Der folgende Text bietet eine detaillierte Beschreibung, wie Unternehmen den Übergang von der abgeschlossenen DWA zu den konkret zu berichtenden Informationen vollziehen. Jeder Schritt wird zunächst allgemein beschrieben und anschließend anhand eines fiktiven Unternehmens – der Musterfirma – erläutert.

Die Schritte von der DWA zur Datenerhebung

1. Festlegung des allgemeinen Berichtsumfangs

Bevor ein Unternehmen sich mit der Identifikation konkreter Datenpunkte und der Erfüllung von Angabepflichten befasst, müssen grundlegende Entscheidungen über den Umfang und die Struktur der Berichterstattung getroffen werden. Idealerweise wurden einige dieser Fragen bereits vor der Durchführung der DWA geklärt und die DWA auf diesen Rahmenbedingungen aufgebaut, um eine konsistente und zielführende Berichterstattung zu gewährleisten. Besonders bei Unternehmen mit komplexen Unternehmensstrukturen ist es essenziell, den Konsolidierungskreis klar abzustecken und Angaben konsistent auf diesen zu beziehen. Zur Definition des Berichtsumfangs gehört auch:

  • Welche sind die als wesentlich identifizierten und damit offenzulegenden Standards?
  • Welche Übergangsfristen nimmt das Unternehmen in Anspruch?
  • Für welche Berichtsperiode gilt der aktuelle Bericht?

Beispiel: Die Musterfirma, ein mittelständischer Reifenhersteller, ist ab dem nächsten Jahr zur CSRD-Berichterstattung verpflichtet und muss zum ersten Mal über das aktuelle Geschäftsjahr einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen. Als Muttergesellschaft erstellt sie einen konsolidierten Abschluss, weshalb auch der Nachhaltigkeitsbericht den gesamten Konsolidierungskreis abdeckt. Die Musterfirma hat im Rahmen der DWA wesentliche IROs zu den folgenden ESRS-Themen identifiziert:

    • E1 (Klimawandel)
    • E2 (Umweltverschmutzung)
    • E4 (Biologische Vielfalt und Ökosysteme)
    • E5 (Kreislaufwirtschaft)
    • S1 (Arbeitskräfte des Unternehmens)
    • S2 (Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette)
    • S3 (Betroffene Gemeinschaften)
    • G1 (Unternehmensführung)

Für das erste Berichtsjahr entscheidet sich die Musterfirma jedoch, die für das Unternehmen anwendbaren Übergangsbestimmungen (ESRS 1 Anlage C) zu nutzen und die Standards ESRS E4, S1, S2 und S3 nicht zu berichten.


2. Erstellung der übergeordneten Angaben gemäß ESRS 2

Unabhängig vom Ergebnis der DWA müssen alle Unternehmen die allgemeinen Angaben gemäß ESRS 2 berichten. Dazu gehören unter anderem:

  • Informationen zum Konsolidierungskreis und zur Wertschöpfungskette
  • Änderungen bei der Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts
  • Angaben zur Nutzung von Übergangsbestimmungen für die Berichterstattung

Diese Angaben sind nicht vom Ergebnis der DWA abhängig und können daher direkt nach Festlegung des Berichtsumfangs erhoben und formuliert werden.


Beispiel: Die Musterfirma hat die Verantwortung für die CSRD-Berichterstattung in der Controllingabteilung angesiedelt. Die Nachhaltigkeitsmanagerin beginnt damit, die übergeordneten Angaben gemäß ESRS 2 zu erfassen und holt relevante Informationen aus verschiedenen Unternehmensbereichen ein. Dazu geht sie Schritt für Schritt die Angabepflichten in ESRS 2 durch, um die entsprechenden Informationen zu sammeln und einzuholen:

    • Grundlagen für die Erstellung (BP)
    • Governance (GOV)
    • Strategie (SBM)
    • Angaben zum Verfahren für die Wesentlichkeitsanalyse (IRO)

Die Mindestangaben zu Konzepten, Maßnahmen, Kennzahlen und Zielen, die ebenfalls unter ESRS 2 – Allgemeine Angaben aufgelistet sind, werden an den entsprechenden Stellen der Themenstandards berichtet. Da die Musterfirma eine Berichterstattungssoftware nutzt, kann die Nachhaltigkeitsmanagerin die gesammelten Informationen strukturiert erfassen und fehlende Daten gezielt anfragen.


3. Festlegung der konkreten Berichtsinhalte

Durch die Durchführung der DWA liegt einem Unternehmen eine Liste der wesentlichen Themen vor.

Verständnis der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs): Um zu bestimmen, welche Inhalte innerhalb eines spezifischen Themenstandards tatsächlich berichtet werden müssen, ist ein tiefes Verständnis der für diesen Themenstandard wesentlichen IROs erforderlich:

  • Auswirkungen: Welche konkreten Effekte haben die Unternehmensaktivitäten auf Mensch und Umwelt? Welche konkreten Stakeholder sind betroffen?
  • Risiken und Chancen: Welche potenziellen finanziellen Gewinne oder Verluste könnten entstehen?

Das Verständnis der themenspezifischen IROs ist eine wichtige Grundlage für die Einschätzung der relevanten Angaben für einen Themenstandard, da diese sich meist ganz konkret auf die wesentlichen IROs des Unternehmens beziehen.

WICHTIG: Bei der Betrachtung der im Rahmen der DWA identifizierten IROs kann es sein, dass die IROs für die zielführende Auswahl und Beantwortung der relevanten Datenpunkte ggf. weiter spezifiziert werden müssen. Beispielsweise wurden im Rahmen der DWA Mitarbeitende als betroffene Stakeholder einer Auswirkung identifiziert, bei genauerer Betrachtung oder durch Stakeholdereinbezug stellt das Unternehmen aber fest, dass eine Auswirkung nur Mitarbeitende in der Produktion betrifft, weshalb die Beschreibung verfeinert wird.

Im nächsten Schritt müssen Unternehmen dann prüfen, welche konkreten Datenpunkte einen Bezug zu den wesentlichen IROs aufweisen und daher berichtet werden sollten. Dabei sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

Sammlung vorhandener Konzepte, Maßnahmen und Ziele: Jeder einzelne Themenstandard (mit Ausnahme des Standards ESRS G1 Unternehmensführung) enthält Angabepflichten zu bestehenden Konzepten, Maßnahmen und Zielen (auf Englisch Policies, Actions und Targets, abgekürzt PAT). Für jeden Standard müssen daher die zu den wesentlichen IROs passenden vorhandenen Unternehmensdokumente und Informationen gesammelt werden. Um diese Berichtsanforderungen strukturiert zu beantworten, können in einem ersten Schritt die bestehende PATs gesammelt und den wesentlichen IROs zugeordnet werden. Es kann den Fall geben, dass PATs mit mehreren Themen zusammenhängen, dann kann man sie auch nur in einem Themenstandard berichten und in den anderen darauf verweisen (ESRS 2  Absatz 61).

Prüfung der Relevanz von Kennzahlen für die identifizierten IROs: Die Standards umfassen Angabepflichten zu Kennzahlen (für die Themenstandard S2, S3 und S4 sind in den bisherigen ESRS Stand Februar 2025 keine Kennzahlen enthalten). Für jede dieser Kennzahlen innerhalb der wesentlichen Themen muss überprüft werden, ob sie einen Bezug zu den wesentlichen IROs hat und daher berichtet wird.

Festlegung unternehmensspezifischer Kennzahlen: Je nach den IROs des Unternehmens legt das Unternehmen zusätzlich oder alternativ zu den in den ESRS genannten Kennzahlen eigene Kennzahlen fest, die dem Verständnis der Nachhaltigkeitsinformationen des Unternehmens dienen.


Beispiel: Für die Musterfirma wurden im Rahmen der DWA die Themen E1 (Klimawandel), E2 (Umweltverschmutzung), E4 (Biodiversität und Ökosysteme), E5 (Kreislaufwirtschaft), S1 (Arbeitskräfte des Unternehmens), S2 (Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette), S3 (Betroffene Gemeinschaften) und G1 (Unternehmensführung) als wesentlich identifiziert.

Die Nachhaltigkeitsmanagerin möchte bei der Datensammlung für die Berichterstattung nun mit dem Themenstandard E2 beginnen. Für das Thema Umweltverschmutzung hat das Unternehmen drei wesentliche Auswirkungen identifiziert:

    1. Emissionen während der Produktion: Musterfirma entwickelt und produziert Reifen aus Kautschuk und fossilen Rohstoffen, bei deren Produktion Feinstaub, flüchtige organische Verbindungen, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, NOx, SOx, CO, CH4 und CO2 emittiert werden. Diese können zu potenziell schweren Erkrankungen für Mitarbeitende führen, sowie zu saurem Regen und Ozonabbau, was alle Ökosysteme betrifft.
    2. Mikroplastik durch Reifenabrieb: Die Produkte von Musterfirma, Reifen, erzeugen während der Nutzungsphase Mikroplastik („Tyre wear particles“, kurz TWP) und führen zu tatsächlichen negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Mikroplastik aus Reifenabrieb ist biologisch nicht abbaubar und sammelt sich in Gewässern und Böden an, was die Bodenfunktionalität (physikalische und biologische Eigenschaften) beeinflusst. Vor allem aquatische und Bodenorganismen sind von den toxischen Effekten des Mikroplastiks betroffen.
    3. Verwendung besorgniserregender Stoffe: Durch den Einsatz von schädlichen Chemikalien oder Stoffen bei der Produktion der Reifen hat Musterfirma negativen Einfluss auf das Thema besorgniserregende Stoffe und besonders besorgniserregende Stoffe, wovon die eigenen Mitarbeitenden in der Produktion sowie im Bereich Forschung und Entwicklung betroffen sind.

Die erste Angabepflicht in ESRS E2 bezieht sich auf die Angaben, die im Zusammenhang mit der Ermittlung der IROs zu machen sind. An dieser Stelle kann die Nachhaltigkeitsmanagerin auf die Beschreibung unter IRO-1 in ESRS 2 verweisen, und das Thema Umweltverschmutzung in die Angabepflicht nach IRO-1 aufnehmen.

Die Musterfirma hat ein explizites Konzept zum Mitarbeiterschutz in der Produktion der Reifen. Des Weiteren hat das Unternehmen eine Designrichtlinie für nachhaltigere Reifenmaterialien. Diese Konzepte beschreibt die Nachhaltigkeitsmanagerin unter Angabepflicht E2-1 – Konzepte im Zusammenhang mit Umweltverschmutzung. Dafür orientiert sie sich an den Mindestangabepflichten zu Konzepten aus ESRS 2 MDR-P Konzepte für den Umgang mit wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekten. Hätte das Unternehmen keine Konzepte, dann müsste es dies gemäß ESRS 2  Absatz 62 angeben (gleiches bei Maßnahmen und Zielen).

Folgende Ziele hat sich das Unternehmen Musterfirma gesetzt, zu denen es die entsprechenden Details unter Angabepflicht E2-3 – Ziele im Zusammenhang mit Umweltverschmutzung berichtet:

    • Bis 2029 möchte Musterfirma einen Prototyp mit 20 % weniger Reifenabrieb entwickeln.
    • Bis 2030 will Musterfirma eine neuen Reifenlinie mit 50 % nachhaltigen Materialien einführen.

(Wichtig: die hier genannten Ziele entsprechen nur einer groben Beschreibung. Um den geforderten Mindestangabepflichten gemäß ESRS 2 MDR-T – Nachverfolgung der Wirksamkeit von Konzepten und Maßnahmen durch Zielvorgaben zu entsprechen, sind weitere Informationen nötig.)

Verbunden mit den Auswirkungen und aus den genannten Konzepten und Zielen hat das Unternehmen Maßnahmen abgeleitet. Dazu zählen zum Mitarbeiterschutz beispielsweise die Einführung von hochmodernen Filter- und Belüftungssystemen zur Reduktion von Feinstaub und chemischen Dämpfen in der Produktion, die Bereitstellung von spezieller Schutzkleidung für Mitarbeitende in betroffenen Produktionsbereichen und die Reduzierung der Verwendung von besonders besorgniserregenden Stoffen. Um die gesteckten Ziele zur Reduktion des Reifenabriebs und zur Steigerung der nachhaltigen Materialien zu erreichen, plant die Musterfirma außerdem die Ausgaben für Forschung und Entwicklung um 20% zu erhöhen. Die Maßnahmen berichtet die Nachhaltigkeitsmanagerin unter Angabepflicht E2-2 – Maßnahmen und Mittel im Zusammenhang mit Umweltverschmutzung unter Berücksichtigung der Informationen, die gemäß ESRS 2 MDR-A Maßnahmen und Mittel in Bezug auf wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte zu machen sind. Die Musterfirma überlegt außerdem, zukünftig eine Schulung zu besonders besorgniserregenden Stoffen in Abfällen anzubieten. Da diese aber zum Zeitpunkt der Berichterstellung noch nicht geplant ist und auch im kommenden Jahr nicht implementiert wird, handelt es sich dabei nicht um eine relevante zu berichtende Maßnahme.

Für die offenzulegenden Kennzahlen prüft die Nachhaltigkeitsmanagerin zuerst die in den ESRS E2 genannten Kennzahlen dahingehend, ob es relevant und zielführend ist, diese im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Unternehmens offenzulegen. Die Kennzahlen aus Angabepflicht E2-4 – Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung sind aufgrund der Emissionen und dem Mikroplastik durch die Herstellung und Nutzung der Reifen relevante offenzulegende Informationen. Für die Angabe von Mikroplastik entscheidet sich das Unternehmen, den Wert in Gramm Reifenabrieb pro 100 km als Kennzahl festzulegen. Durch die Verwendung von schädlichen Chemikalien in der Produktion sind auch die unter Angabepflicht E2-5 – Besorgniserregende Stoffe und besonders besorgniserregende Stoffe genannten Kennzahlen relevant für die Musterfirma und somit offenzulegen. Die Musterfirma bezieht pro Jahr über 200 besorgniserregende Stoffe. Diese hängen aber nur teilweise mit wesentlichen IROs zusammen, einige werden nur in besonders geringen Mengen als Laborchemikalien im streng kontrollierten Laborumfeld im Bereich Forschung und Entwicklung verwendet. Daher entscheidet sich die Nachhaltigkeitsmanagerin zu einer Priorisierung der relevantesten Stoffe. Dazu ermittelt sie gemeinsam mit Vertretern aus Einkauf, Produktion und Forschung und Entwicklung die relevantesten Stoffe. Die Grenze wird bei Mengen über 40 Tonnen im Jahr oder einer Konzentration von 0,001% gezogen, wodurch sich 28 zu berichtende Stoffe ergeben.

Zusätzlich entscheidet sich Musterfirma für die Offenlegung folgender unternehmenseigener Kennzahlen:

    • Anzahl der durchgeführten Luftqualitätsmessungen pro Jahr
    • Anteil der substituierten besonders besorgniserregenden Stoffe
    • Reduktion der Schadstoffbelastung am Arbeitsplatz
    • Anteil nachhaltiger Materialien in den Reifen

Im vorliegenden Beispiel wurde nur genauer auf drei Auswirkungen der Musterfirma eingegangen. Risiken und Chancen des Unternehmens würden unter anderem für die Angabepflicht E2-6 – Erwartete finanzielle Effekte durch wesentliche Risiken und Chancen im Zusammenhang mit Umweltverschmutzung eine Rolle spielen. Hier nutzt die Musterfirma aber die Übergangsbestimmungen aus ESRS 1 Anlage C und lässt diese Angaben im ersten Berichtsjahr aus.


4. Optional: Festlegung neuer Konzepte, Maßnahmen und Ziele

Falls ein Unternehmen zu wesentlichen Themen noch keine Konzepte, Maßnahmen oder Ziele hat, muss es dies offenlegen. Das Unternehmen entwickelt in diesem Fall Schritt für Schritt die nötigen Konzepte, Maßnahmen und Ziele, welche in den folgenden Berichten offengelegt werden. Bei begrenzten Ressourcen empfiehlt sich hierbei eine Priorisierung der wesentlichen Themen, beispielsweise nach der Bewertung der IROs, um die größten Herausforderungen zuerst anzugehen.

Fazit: Von der DWA zur präzisen Berichterstattung

Die Erstellung eines CSRD-konformen Nachhaltigkeitsberichts endet nicht mit der DWA – sie beginnt hier erst richtig. Unternehmen müssen die identifizierten wesentlichen Themen mit den relevanten Angabepflichten aus den ESRS in Einklang bringen und gezielt Datenpunkte erheben. Die strukturierte Vorgehensweise, wie sie die Musterfirma exemplarisch zeigt, hilft Unternehmen, die Anforderungen effizient umzusetzen. Wer frühzeitig eine klare Berichtsstruktur schafft, kann die CSRD-Pflichten nicht nur erfüllen, sondern langfristig auch die strategische Nachhaltigkeitsarbeit besser steuern.


Exkurs IRO-Formulierung

Die Musterfirma hatte als dritten IRO für das Thema Umweltverschmutzung zuerst folgende Auswirkung formuliert: „Durch den Einsatz von besorgniserregenden Stoffen haben wir negativen Einfluss auf Mensch und Umwelt“. Bei der Betrachtung der zu berichtenden Informationen zeigte sich jedoch, dass die Auswirkung nicht konkret genug formuliert war, um diejenigen besorgniserregenden Stoffe zu ermitteln, die tatsächlich offenzulegen sind (da die Musterfirma mehrere hundert Stoffe jedes Jahr einkauft). Wie genau wird die Umwelt beeinflusst, welche Menschen werden wie beeinflusst? Um die Auswirkung zu spezifizieren, wurden betroffene Stakeholder mittels wissenschaftlicher Studien einbezogen, z. B. anhand einer Studie zur Ökodesign-Verordnung (Faraca et al., 2024). Dort heißt es, dass die Auswirkungen durch gefährliche Stoffe bei der Reifenherstellung nur die Menschen betreffen, die mit den Stoffen in Kontakt kommen. Die Umwelt wird durch Reifen anders beeinflusst (siehe Auswirkungen 1 und 2). Somit ist eine viel genauere Beschreibung der betroffenen Stakeholder und der Art ihrer Betroffenheit möglich, nämlich dass es a) um die Stoffe geht, mit denen Mitarbeitende im Rahmen der Reifenproduktion in Kontakt kommen, und b) die betroffenen Stakeholder die Mitarbeitenden in Produktion und Forschung und Entwicklung sind, nicht alle Mitarbeitenden der Firma. Durch das passive Stakeholderengagement im Anschluss an die DWA konnte demnach folgende überarbeitete Auswirkung formuliert werden:

Durch den Einsatz von schädlichen Chemikalien oder Stoffen bei der Produktion der Reifen hat Musterfirma negativen Einfluss auf das Thema besorgniserregende Stoffe und besonders besorgniserregende Stoffe, wovon die eigenen Mitarbeitenden in der Produktion sowie im Bereich Forschung und Entwicklung betroffen sind.

Die Musterfirma hat für das erste Jahr der Berichterstattung ausgewählte Stakeholder bereits pragmatisch zur Durchführung und Validierung der DWA einbezogen. Im nächsten Jahr ist ein gezieltes, ausführlicheres und aktiveres Engagement der in der DWA identifizierten Stakeholder geplant. Eine sinnvolle aktive Einbeziehung der Stakeholder basiert jedoch auf einer ersten DWA und einem Verständnis der IROs des Unternehmens, wodurch das Stakeholderengagement auf- und ausgebaut werden kann.

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