Am 1. Juli ist das Klimaanpassungsgesetz (KAnG) in Kraft getreten.
Das Klimaanpassungsgesetz der Bundesregierung, welches im Dezember 2023 verabschiedet wurde, ist nun in Kraft getreten. Das neue Gesetz setzt erstmals einen verbindlichen Rahmen für die Klimaanpassung in Deutschland. Durch die systematische Vorbereitung auf die Klimarisiken und Etablierung wirksamer Anpassungsmaßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen, soll volkswirtschaftlichen Schäden in Höhe von 280 bis 900 Milliarden Euro, die in Zusammenhang mit der Erderwärmung für Deutschland (je nach Ausmaß) prognostiziert wurden, vorgebeugt werden.
Wesentliche Inhalte des Gesetzes:
- Vorsorgende Klimaanpassungsstrategie des Bundes: Die Bundesregierung ist verpflichtet, eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen vorzulegen, regelmäßig zu aktualisieren und fortlaufend umzusetzen. Diese Strategie wird durch regelmäßige Klimarisikoanalysen und Monitoringberichte unterstützt.
- Berücksichtigungsgebot: Träger öffentlicher Aufgaben müssen bei ihren Planungen und Entscheidungen das Ziel der Klimaanpassung fachübergreifend und integriert berücksichtigen. Dies schließt die Wiederherstellung natürlicher Bodenfunktionen durch Entsiegelung ein, soweit dies erforderlich und zumutbar ist2.
- Stärkung der Klimaanpassung vor Ort: Die Länder sind verpflichtet, eigene Klimaanpassungsstrategien zu entwickeln und umzusetzen. Zudem müssen sie dafür sorgen, dass für die Gebiete der Gemeinden und Kreise Klimaanpassungskonzepte auf Basis von Risikoanalysen erstellt werden. Diese Maßnahmen sollen eine flächendeckende und zielgerichtete Vorsorge gewährleisten2.
Was bedeutet das neue Gesetz für Unternehmen?
Mit der CSRD ist es für viele Unternehmen schon verpflichtend, Klimaszenarioanalysen durchzuführen und Angaben zur Anpassung an den Klimawandel zu berichten. Das KAnG betrifft zuerst einmal Bund, Länder und Kommunen. Was für Folgen das Gesetz für deutsche Unternehmen hat, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig. Unternehmen könnten indirekt vom KAnG betroffen sein, wenn Maßnahmen von den Ländern an Unternehmen weitergegeben werden. Vorstellbar wäre beispielsweise eine Änderung der Vergabekriterien von öffentlichen Aufträgen oder Anpassung baulicher Vorgaben. Ein weiteres Beispiel wäre, dass eine Kommune einem Bauprojekt Vorrang gewährt, welches Versickerungsflächen erhält anstatt einem, welches zu Versiegelung führt[3]. Unternehmen könnten auch von neuen Förderprogrammen und Subventionen profitieren, die im Rahmen des Klimaanpassungsgesetzes aufgelegt werden.
Wie können sich Unternehmen an den Klimawandel anpassen?
Wie wir in unserem Blogbeitrag vom November letzten Jahres bereits erläutert haben, ist die Klimaszenarioanalyse ein wertvolles Instrument und erster Schritt für Unternehmen, um Klimarisiken zu identifizieren, zu mitigieren und sich an die Veränderungen anzupassen. Als integraler Bestandteil der CSRD und EU-Taxonomie ist sie für viele Unternehmen inzwischen auch verpflichtend durchzuführen. Während der erste Artikel die Grundlagen der Klimaszenarioanalyse und ihre Bedeutung für die Unternehmensstrategie behandelte, erweitert dieser Beitrag das Thema, indem er Möglichkeiten zur Unterstützung bei der Erstellung und Verbesserung der Klimaszenarioanalyse aufzeigt.
Die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) und die ISO-Norm 14091 bieten zwei bedeutende Frameworks, um Unternehmen bei der Bewältigung von Klimarisiken zu unterstützen. Die TCFD wurde vom Financial Stability Board ins Leben gerufen und zielt darauf ab, klimabezogene finanzielle Risiken und Chancen offenzulegen. Die ISO 14091 ist eine international anerkannte Norm, die sich auf die Bewertung von Klimarisiken konzentriert und Unternehmen hilft, detaillierte Risikoanalysen durchzuführen und spezifische Schwachstellen zu identifizieren. Ergänzend dazu ist die ISO 14090 von Bedeutung, die einen strukturierten Ansatz zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels bietet und Prinzipien, Anforderungen und Leitlinien für die Entwicklung und Implementierung von Anpassungsmaßnahmen definiert.
Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede haben die Frameworks?
Gemeinsamkeiten
- Zielsetzung: Beide Frameworks zielen darauf ab, Unternehmen dabei zu unterstützen, Klimarisiken systematisch zu identifizieren, zu bewerten und darauf zu reagieren.
- Risikomanagement: Sowohl TCFD als auch ISO-Normen betonen die Bedeutung eines robusten Risikomanagements, um Unternehmen widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu machen.
- Transparenz und Berichterstattung: Beide ermutigen Unternehmen, transparent über ihre Klimarisiken und Anpassungsmaßnahmen zu berichten, um das Vertrauen der Stakeholder zu stärken.
- Integration in Geschäftsprozesse: Beide Frameworks empfehlen, Klimarisiken und Anpassungsstrategien in die bestehenden Geschäftsprozesse und strategischen Planungen der Unternehmen zu integrieren.
Unterschiede
- Fokus:
- TCFD: Konzentriert sich primär auf die Offenlegung klimabezogener finanzieller Risiken und Chancen. Ziel ist es, Investoren, Kreditgeber und Versicherer mit relevanten Informationen zu versorgen.
- ISO 14090: Bietet einen breiteren Rahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels, einschließlich der Entwicklung und Implementierung von Anpassungsplänen und Maßnahmen zur Erhöhung der Resilienz.
- ISO 14091: Konzentriert sich auf die Bewertung von Klimarisiken und die Durchführung detaillierter Risikoanalysen.
- Anwendungsbereich:
- TCFD: Primär auf finanzielle Offenlegung und Berichterstattung ausgerichtet, relevant für börsennotierte Unternehmen und Finanzinstitutionen.
- ISO 14090 und 14091: Können von jeder Organisation unabhängig von ihrer Größe, Art und Natur angewendet werden, mit einem Schwerpunkt auf systematischer Anpassung und Umsetzung von Maßnahmen.
- Details der Richtlinien:
- TCFD: Stellt detaillierte Empfehlungen und spezifische Offenlegungspflichten in vier Bereichen bereit: Governance, Strategie, Risikomanagement und Kennzahlen & Ziele.
- ISO 14090: Definiert allgemeine Prinzipien, Anforderungen und Leitlinien für die Anpassung an den Klimawandel, betont aber stärker die praktische Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen.
- ISO 14091: Definiert allgemeine Prinzipien für die Bewertung von Klimarisiken und detaillierte Anforderungen für Risikoanalysen.
TCFD oder ISO-Norm: Welches Framework sollten Unternehmen wählen?
Für Unternehmen, die ihre Klimarisiken umfassend adressieren und ihre Resilienz gegenüber dem Klimawandel stärken möchten, empfiehlt sich eine kombinierte Nutzung von TCFD und ISO 14090 sowie ISO 14091. Beide Frameworks ergänzen sich und bieten Vorteile. Die TCFD-Empfehlungen erhöhen die Transparenz und verbessern das Investorenvertrauen, was langfristig zu besseren Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten führt. ISO 14090 bietet einen praktischen und strukturierten Ansatz zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels, während ISO 14091 detaillierte Risikoanalysen ermöglicht. Unternehmen aller Größenordnungen profitieren von der systematischen Bewertung und Planung, die diese Normen bieten, sowie von der strategischen und finanziellen Transparenz, die TCFD gewährleistet. Durch die Integration beider Frameworks können Unternehmen nicht nur ihre Resilienz stärken und gesetzlichen Anforderungen erfüllen, sondern auch eine robuste und zukunftsfähige Geschäftsstrategie entwickeln und das Vertrauen ihrer Stakeholder gewinnen.
Beide Frameworks sind auch in den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) als Methoden der Szenarioanalyse genannt. Somit ist die Anwendung der Leitlinien CSRD-konform.
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Klimaszenarioanalyse
Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, die Klimaszenarioanalyse erheblich zu verbessern und effizienter zu gestalten. Durch die Verarbeitung großer Datenmengen und dem Erkennen von Mustern kann KI präzisere Vorhersagen und tiefere Einblicke bieten.
In der Praxis kann KI Daten aus verschiedenen Quellen ermitteln und somit Recherchearbeiten vereinfachen. Sie kann mit Hilfe von internen Quellen, wie EMAS oder ISO 14001, Risiken und Chancen branchenspezifisch analysieren.
Ein bekanntes, kostenloses und unkompliziert anwendbares KI-Tool zur Unterstützung bei der Klimaszenarioanalyse sind Large Language Models. Mithilfe von Prompts kann die KI dafür genutzt werden, aus Prognosen Klimagefahren, Auswirkungen und Chancen für verschiedene Standorte abzuleiten.
Der Einsatz von KI zur Unterstützung bei der Erstellung von Klimaszenarioanalysen und einer Klimaanpassungsstrategie ist daher für jedes Unternehmen empfehlenswert.
Wie hängt die Klimaszenarioanalyse mit der Resilienzanalyse zusammen?
Die Klimaszenarioanalyse ist eng mit der Resilienzanalyse verbunden. Beide Ansätze zielen darauf ab, die Widerstandsfähigkeit eines Unternehmens gegenüber zukünftigen Herausforderungen zu stärken. Daher ist es für Unternehmen ratsam, beide Analysen zu verbinden. Während sich die Klimaszenarioanalyse auf die spezifischen Risiken und Chancen des Klimawandels konzentriert, betrachtet die Resilienzanalyse ein breiteres Spektrum von Bedrohungen und Schwachstellen, die die Kontinuität und das Wachstum eines Unternehmens gefährden könnten. Durch die Kombination beider Analysen können Unternehmen eine umfassendere und robustere Strategie entwickeln. Die Klimaszenarioanalyse liefert die notwendigen Daten und Erkenntnisse, um klimabedingte Risiken zu verstehen und zu bewältigen. Die Resilienzanalyse ergänzt diese, indem sie weitere potenzielle Störungen identifiziert und Strategien entwickelt, um die gesamte Organisation widerstandsfähiger zu machen. So können Unternehmen nicht nur auf klimatische Veränderungen reagieren, sondern sich auch gegen andere externe und interne Bedrohungen wappnen.
Fazit
Fakt ist: für Unternehmen ist eine Klimaszenarioanalyse und die Entwicklung von Anpassungsmaßnahmen unerlässlich, um zukunftsfähig zu sein. Das Klimaanpassungsgesetz zeigt, dass das Thema von Bund und Ländern ernsthaft angegangen wird, um durch den Klimawandel verursachten Schäden entgegenzuwirken. Die Integration von KI, die Empfehlungen der TCFD und die Anwendung der ISO-Norm 14090 kann Unternehmen dabei unterstützen, nicht nur ihre Resilienz gegenüber dem Klimawandel zu verbessern, sondern auch Kapital zu beschaffen und ihre Wettbewerbsfähigkeit in einer zunehmend nachhaltigkeitsorientierten Wirtschaft zu stärken.
Diese Ansätze ermöglichen nicht nur präzisere Analysen, sondern fördern auch die Umsetzung effektiver und nachhaltiger Anpassungsstrategien.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kombination aus Klimaanpassungsgesetz, ISO-Normen, TCFD-Empfehlungen und KI-Unterstützung es Unternehmen ermöglicht, umfassende und robuste Strategien zu entwickeln, die nicht nur ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber klimatischen Veränderungen stärken, sondern auch neue Chancen für nachhaltiges Wachstum und Innovation eröffnen.