Woher kommt die Idee des Omnibus?
Viele Stimmen von aus der Politik und Wirtschaft beklagen die zunehmenden Bürokratieanforderungen und -kosten. Dies wird besonders Richtung Brüssel adressiert, wenn es um Regulationen geht, die im Zuge des EU-Green Deal auf den Weg gebracht wurden. Entlastung, Erleichterung, Verschlankung wird gefordert, die Umsetzung der Regulatorik binde erhebliche Ressourcen, heißt es. Der Draghi-Report wies im vergangenen Jahr darauf hin, dass ein “zu viel” an Bürokratie die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen schwächen könnte.
Dem gegenüber stehen Unternehmen, die Umfang und Verbindlichkeit der zu berichtenden Informationen begrüßen und maximal einer Harmonisierung der Berichtspflichten zur Vermeidung der Doppelberichterstattung zustimmen möchten. Nicht zuletzt durch verbindliche Offenlegungsanforderungen, die für möglichst viele Unternehmen gelten, könne sich ein “level playing field” ergeben, bei dem Unternehmen, die zu den Vorreitern hinsichtlich Umweltleistungen zählen, ihren hohen Transformationsgrad nicht nur sichtbar, sondern auch monetarisierbar machen können.
Auf diese Stimmen aus der Wirtschaft hat die EU-Kommission reagiert und den EU Competitive Compass vorgelegt, der den Aufwand für berichtende Unternehmen im Scope der CSRD, CSDDD, SFRD und EU-Taxonomie (neben anderen) um 25 % reduzieren könnte. Diese möglichen Harmonisierungen und Verschlankungen werden im Rahmen eines “Omnibus-Verfahrens” ab dem 27. Februar 2025 in Brüssel verhandelt.
Laut EU-Kommission sollen im Rahmen der Omnibus-Verhandlungen keine grundlegenden inhaltlichen Veränderungen vorgenommen werden.
Die Ergebnisse der Omnibus-Beratungen werden anschließend im EU-Parlament und im EU-Rat diskutiert, angepasst und verabschiedet. Die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) sind hiervon nicht direkt betroffen, da Parlament und Rat delegierte Rechtsakte zwar ablehnen, sie aber nicht ändern können. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Schwellenwerte der Unternehmen, die in den Einzugsbereich der CSRD fallen, angehoben werden könnten.
Diese vier Tipps geben wir Unternehmen:
Die aktuellen Diskussionen um die Omnibusverordnung bringen vor allem eins: Unsicherheit. Es ist jedoch entscheidend, einen klaren Kopf zu bewahren und den Kurs in Richtung nachhaltiger Transformation beizubehalten. Ihre bisherigen Bemühungen sind keinesfalls umsonst.
1. Setzen Sie Ihre Arbeit fort
Grundlegende Änderungen der Standards sind unwahrscheinlich. Möglicherweise wird der Umfang der Offenlegungsanforderungen gekürzt. Wer sich bereits intensiv mit den ESRS und den Berichtspflichten auseinandergesetzt hat, hat längst bemerkt: Die intensive Befassung mit sozialen, ökologischen und Governance-Themen deckt “blinde Flecken” der Eigenwahrnehmung im Unternehmen auf, liefert neue Bezugspunkte für zu betrachtende Risiken und Chancen und lässt sich strategisch nutzen, um die Resilienz – und damit die Wettbewerbsfähigkeit (sic!) – zu stärken. Diese sind wertvolle Steuerungsinformationen – warum sollten Sie darauf verzichten?
2. Stärken Sie Ihre Prozesse.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung befindet sich in vielen Unternehmen noch im Aufbau. Insbesondere der erste Bericht wirft oft Fragen zu Zuständigkeiten und Abläufen auf. Wenn Sie im Unternehmen bereits QM-Standards oder Prozesse für Umweltmanagement-Systeme wie EMAS oder ISO 14001 umgesetzt haben: Der Aufbau verlässlicher und prüfsicherer Prozesse für die CSRD-Berichtspflicht ist vergleichbar. Klären Sie Verantwortlichkeiten in der Nachhaltigkeitsberichterstattung, prüfen Sie, welche Daten in welcher Qualität bereits vorliegen. Und ja: Mittelfristig ist das Arbeiten mit einer Softwarelösungen produktiver als eine Prozesssteuerung über Excel. Bei der Auswahl der geeigneten Tools sollten Sie jedoch Ihre tatsächlichen Bedürfnisse kennen, die eine Software für Ihre spezifischen Berichtsprozesse abdecken sollte. Es lohnt sich, zunächst wirklich zu wissen, “was, wann, wie und von wem” berichten werden soll, bevor Sie Ihre IT entsprechend entwickeln.
3. Richten Sie Ihre Strategie und Maßnahmen aus.
Nachhaltigkeitsberichterstattung nach ESRS adressiert erstmalig die Auswirkungen der wirtschaftlichen Aktivitäten auf Mensch und Umwelt gleichermaßen wie die Wirkung von Umweltaspekten auf das Unternehmen. Diese Kombination von Inside-out und Outside-In Perspektive in verpflichtender Berichterstattung ist einmalig. Denn viele Unternehmen unterschätzen die mittel- und langfristige Bedeutung ihrer Auswirkungen und sind sich ihrer Abhängigkeiten von Umweltleistungen- und -faktoren nicht bewusst. Die doppelte Wesentlichkeit ermöglicht strategische Entwicklungen und Entscheidungen, die weit über das klassische Risikomanagement hinausgehen. Nutzen Sie Ihre Erkenntnisse aus der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse (DWA) sowie die erfassten und zu erfassenden Daten Ihrer wesentlichen “Impacts, Risks und Opportunities” (IROs), um Transformationspfade für die Zukunftsfähigkeit Ihres Unternehmens zu entwickeln.
4. Qualifizieren Sie Ihre Mitarbeitenden.
Der Berichterstattungsprozess offenbart oft Wissenslücken im Unternehmen. Diese lassen sich durch gezielte Schulungen schließen. Insbesondere, wenn Ihr Unternehmen bereits erste Erfahrungen mit der Berichterstattung gesammelt hat, kann eine vertiefende Qualifizierung entscheidende Vorteile bringen. Zudem steigert sie die Motivation Ihrer Mitarbeitenden, aktiv an der Umsetzung mitzuwirken. Am Ende des Tages hat jeder Mitarbeitende Ihres Unternehmens das Potenzial, Teil Ihres firmeninternen “Green Teams” zu sein, das proaktiv Resilienzentwicklung und Transformation unterstützt. Auch nicht zu unterschätzen: der Reputationsgewinn und die Stärkung Ihrer Employer Brand, wenn Mitarbeitenden bewusst wird, wie sie ihren ökologischen Handabdruck vergrößern können.
Wie geht es weiter?
Nachdem die EU-Kommission den Entwurf zur Omnibus-Verordnung am 26. Februar vorstellen wird, wird es voraussichtlich bis Sommer 2025 dauern, bis finale Änderungen zur Regulatorik entschieden sind.
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